Wettermachen

China besitzt das umfangreichste Programm zur Wettermanipulation weltweit. Bis zu 90 Mio. US-Dollar werden hierfür jährlich in Forschung, Datensammlung und die aktive Gestaltung des Wetter investiert. Während chinesische Wettermacher normalerweise Hagelstürme verhindern oder Niederschlagsmengen in trockenen Regionen erhöhen sollen, besteht der Auftrag während der Olympischen Spiele darin, die Hauptstadt Peking mit ihren neugebauten Stadien vor Regenschauern zu schützen. Hierbei werden laut einem Bericht der Technology Review neben Superkomputern, Wetterflugzeugen auf Artilleriestellungen rund um Peking zum Einsatz kommen. Selbst für die Strecke des Fackellaufs, die auf den Gipfel des Mount Everest führt, sind in letzter Minute Wetterstationen eingerichtet worden.

Sollte sich die Wettermanipulation während der Olympischen Spiele als Erfolg herausstellen plant die chinesische Führung das Wetterprogramm landesweit einzusetzen, um mehr Niederschlag zu erzeugen. In Anbetracht der Klimawandel-bedingten Erntausfälle dürfte dies trotz allen Zweifeln an den tatsächlichen Effekten und möglichen negativen Auswirkungen eine dringend notwendige Gegenmaßnahme darstellen. In den USA ist die (zivile) Wettermanipulation mangels Erfolgen und strenger rechtlicher Schranken weitgehen zum Stillstand gekommen. Die kommunistische Führung in Peking scheint indes unverdrossen am modernen Ideal festzuhalten, das dem Menschen die "Gärtnerrolle" in jedweden Maßstab zuspricht. Diese Form der "Naturbearbeitung" weist eine große Kontinuität auf mit den Großprojekten während der Maozeit, dem Großen Sprung und dem Aufbau der sog. Dritten Front. Die (postmoderne) Sichtweise, wonach der Mensch an die Grenzen seiner Manipulationsfähigkeit stößt und Gesellschaften vielfach konfrontiert sind mit den unumkehrbaren Folgen ihrer Ressourcenwirtschaft, scheint unter der chinesischen Machtelite nicht mehrheitsfähig zu sein.

Im Gegenteil, der verbreitete Machbarkeitsoptimismus lässt auch für Chinas Position bei den laufenden Klimaverhandlungen große Schwierigkeiten vermuten. Jedenfalls wenn das Ziel ein globales Regime zur absoluten Beschränkungen von Treibhausgasen sein soll, in dem China auf jeden Fall ein gewichtige Rolle spielen muss. Ist nämlich die Durchführbarkeit einer globalen Gegensteuerung vorstellbar (was keineswegs auf chinesische Stimmen beschränkt ist), dann erscheint die vorausgehende Klimaveränderung wissenschaftlich kalkulierbar, sozial und ökonomisch abwägbar - und damit zumindest bis zu einem gewissen Grad hinnehmbar. Die chinesische Verweigerungshaltung lässt sich aus dieser Perspekive besser verstehen als lediglich von machtpolitischen und ökonomischen Erwägungen angetrieben. Vor allem scheint sie dem klassisch modernen Verständnis des Mensch-Natur Verhältnisses bzw. seines Managements geschuldet zu sein.

Die Frage ist dann, ob die Eliten der Industrienationen sich bereits von diesem modernen Machbarkeitsideal verabschiedet haben? Oder ob nicht die technische Machbarkeit eigentlich außer Frage steht und die ökonomische Belastung das schlagende Argument für die Umsetzung einer präventiven Klimapolitik darstellt? Damit bliebe diese Politik aber restlos modernen Werten verhaftet - lediglich der Inhalt des Diskurses ist sublimiert. Technizismus wird vom Primat des Ökonomischen überlappt (nicht ersetzt) wird.

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