Samstag, 21. November 2009

Die Rettung der Welt liegt in China

Der deutsche Regisseur Roland Emmerich ist bekannt dafür, den amerikanischen Apokalypsen-Kult in seinen Katastrophen-Filmen mit grausamer Lebendigkeit zu praktizieren. Auch in seinem neuesten Schöpfungswerk, „2012“, spiegelt sich die Entzeitstimmung der amerikanischen Gesellschaft wider – auch inspiriert vom Tsunami 2004 und der Zerstörung der Stadt New Orleans. Wie immer toben sich die Naturgewalten an den USA am gewaltigsten aus und vor allem die retten dann auch die Welt – und doch ist diesmal alles anders: die Multipolarisierung der Weltordnung ist auch in den Hollywood-Epen angekommen.

Typische Strukturelemente und Mytheme
Die Handlung orientiert sich an der Struktur der typischen amerikanischen Emmerich-Saga und dem Motiv eines biblischen Katastrophen-Mythos: der junge Geologe Adrian Helmsley, der intellektuelle Protagonist, entdeckt 2009, dass nie dagewesene Sonnenerruptionen durch massiv ansteigende Neutrinoschwärme den Erdkern erhitzen. Dadurch destabilisieren sich die tektonischen Platten der Erdkruste im Jahr 2012. Tief aufklaffende Lavagräben, Erdbeben, Vulkanausbrüche verschlingen den Großteil der zivilisierten Welt. Darauf folgen mammutartige Tsunamis, die die Welt nahezu völlig überschwemmen, selbst den Mt. Everest. In aufwendigen effekten rutscht die Stadt Los Angeles nach und nach ins Meer, Wolkenkratzer werden wie Würfel über die Straßen zwischen den Massen von Menschen hinweggeworfen, die nur Staub gleichen. Vorausschauend begannen die G8-Staaten 2009 mit Unterstützung Chinas in der Hochebene von Tibet mächtige Archen zu bauen, um die menschliche Art vor dem Untergang zu bewahren. Rettung ist aber nur der reichen Kaste von Geldadligen beschert, die einen Platz auf einer der vier Archen ergatterten, um die Sintflut zu überleben.

Die Transnationale Herrscherkaste
Der Bau der Archen ist ein hervorragendes Beispiel für gelungene Global Governance und auch für die Transnationalisierung der nationalstaatlichen Welt. Denn die transnationale Herrschaftskaste der politischen Eliten und Milliadäre verschwört sich gegen den Rest der Menschheit und hält den herannahenden Weltuntergang geheim, bis sich der US-Präsident in einer heroischen Märtyreraktion entschließt wenige Stunden vor dem Auseinanderbrechen der Welt die Öffentlichkeit zu alamieren. Die Abscheulichkeit dieser transnationalen Geldkaste verkörpert sich in dem russischen Oligarchen Yuri, der damit prahlt für drei Milliarden Euro einen Platz auf einer der Archen für sich und seine zwei genauso fetten Söhne erschwungen zu haben – seine Freundin, die ihn betrügt, lässt er eiskalt sitzen. Nun will Emmerich ein wenig moralische Kompetenz in seinem Werk walten lassen und konzipiert den Geologen Helmsley, der das ganze entdeckte, als das schlechte Gewissen dieser Herrscherkaste. Hilflos mukiert er sich über den Egoismus und die Abscheulichkeit der Eliten, die die anderen Menschen wissentlich in Unwissenheit ließen. Und als eine der vier Archen unbrauchbar wird, setzt sich dieser Gutmensch gegen die Bösen durch, die die übrig gebliebenen adligen Passagiere und ein Heer chinesischer Wanderarbeiter zurücklassen wollten und lässt sie auf seine eigene Arche. In symbolischer Manier kommt der raffgierige Oligarch Yuri in dieser Hektik zu Tode. Trotz dieser Hingabe bleibt das kapitalistische Kredo des Films: wenn ihr den Weltuntergang überleben wollt, müsst ihr auf Kosten anderer Reich werden – damit hat die USA ihre eigene Apokalypsenlehre entwickelt.

Von der Permeabilität der Gesellschaftsschichten
Dann ist da noch der erfolglose Buchautor Jackson Curtis, der eigentliche Actionheld dieser Happy-End-Tragödie, der über den Atlantis-Untergang schrieb. Während die USA in den Gluten und Fluten versinkt, rettet er, stets von zusammenbrechenden Hochhäusern, Autobahnen und Straßen verfolgt, seine Familie in letzter Sekunde aus dem Chaos. Es handelt sich um eine typische Familie, zwei Kinder, eine Frau, von der er geschieden ist, und der neue Lover der Frau, Gordon Silberman. Der hatte glücklicherweise schon einmal ein paar Flutstunden und fliegt die Familie aus dem Untergangsszenario. Da Jackson zufällig herausbekam wo die Archen gebaut werden, fliegen sie über Umwegen Richtung China, müssen aber im Südchinesischen Meer notwassern. Dann lässt Emmerich seine Geographie-Kenntnisse aufblitzen, denn zufällig trifft die Familie auf einen buddhistisch-tibetischen Mönch, der einen Weg in die Archen kennt. In ein paar Autostunden gelangen sie dann nach Tibet und können wohl gesonnen in den Bauch einer der Archen stehlen. Hier zeigt sich, es ist durchaus möglich in die Gruppe der Ausgewählten zu stoßen – für den Normalbürger wird also doch noch ein wenig Hoffnung genährt.

Zu einer multipolaren Weltordnung
„2012“ verschiebt nicht nur tektonische Platten, sondern auch relative Machtressourcen: die USA können die Welt nicht mehr alleine Retten, sondern sind auf die Hilfe des exklusiven G8-Clubs und China angewiesen. Wie auch beim neuesten China-Besuch des amerikanischen Präsidenten Barack Obama deutlich wurde, hat sich die Perzeption der Machtverteilung in den Medien geändert, denn China, gestärkt aus der Finanzkrise, ist jetzt auf Augenhöhe mit den USA. Natürlich werden in „2012“ alle Entscheidungen des amerikanischen Präsidenten mit einem Kopfnicken von der G8 abgesegnet und die Chinesen spielen in der Handlung selbst keine Rolle. Mit Erstaunen stellen die Amerikaner aber fest, dass nur die fleißigen Chinesen es schaffen konnten, in drei Jahren gewaltige Archen fertigzustellen, denen nur noch der Flugantrieb fehlt, um in der nächsten Staffel von Star Trek als Raumschiffe wiederverwendet zu werden. Übrigens tarnte die chinesische Regierung dieses Vorhaben als ein Staudamm-Projekt und siedelte viele tibetische Dörfler dafür um – offenbar akzeptabel für die transnationale Herrscherkaste. „2012“ verabschiedet sich von der bipolaren Mächtedichotomie des Kalten Krieges und auch von der unipolaren Hegemonie der USA. Hier ist es ein gesunder Multipolarismus, der einen Teil der Menschheit rettet.

Polarregion USA

Emmerich inszeniert die Endzeitängste der amerikanischen Gesellschaft. Wenn Los Angeles in der wankenden Erdkruste verschwindet gleicht das fast ein wenig den amerikanischen Finanzmetropolen, die derzeit in stürzenden Immobilienpreisen, Hypotheken und Wertpapieren versinken. Emmerich geht der Frage nach: wohin geht unsere Gesellschaft nach diesem Tag des Jüngsten Gerichts? Was wird aus unserer Nation, die doch die mächtigste der Welt war? Seine Antwort ist sicherlich eher ernüchternd, denn nachdem sich die tektonischen Platten verschoben haben, liegt der geomagnetische Südpol in den USA – diese Region dürfte als weltpolitisch nach 2012 ein geringere Rolle spielen. Ein Anzeichen für die neue politische Polarität? Nun, der einzige Kontinent, der von der Sintflut verschont bliebt, ist der afrikanische, der sich nicht in kapitalistischen Exzessen ergeben hat. Also rettet Geld doch nicht die Welt? Zumindest ist das ist einmal eine wirksame Entwicklungspolitik der Naturgewalten. Und am südlichen Ende Afrikas ragt nun der neue höchste Berg der Welt auf.

In einem Punkt ist der Film aber mehr als nur ironische Farce, denn das Jahr 2012 könnte de facto entscheidend für das langfristige Überleben der Menschheit sein. Es kommt darauf an, zu welchen Maßnahmen sich die transnationale Herrscherkaste ab 2012 gegen den Klimawandel und die Erderwärmung entschließen kann. Oder sie beginnt vorab schon einmal mit dem Bau einiger Archen...

Mittwoch, 4. November 2009

Warum die Zeitenwende im Währungssystem noch auf sich warten lassen könnte

Der Dollar ist in diesem Jahrzehnt deutlich unter Druck geraten. Ein unstabiler Wechselkurs, ein wachsendes Haushaltdefizit der US-Regierung und ein immenses Leistungsbilanzdefizit rütteln an der inoffiziellen Position des Greenback als leitende Reservewährung der Weltfinanzordnung. Die neueste Krise des US-Kapitalismus scheint das Schicksal des Dollar entgültig zu besiegeln, das Vertrauen in die Krisenwährung ist verbraucht. Dennoch, es gibt guten Grund anzunehmen, dass sich der Niedergang des Dollar noch hinauszögert.

Ein schwacher Wechselkurs des Dollar untergräbt nicht zwangsläufig seine Position als Reservewährung. Der billige Dollar ist teilweise sogar von der US-Regierung willkommen, die sich davon eine Verbilligung der US-Exporte und Dezimierung des Leistungsbilanzdefizits erhofft. Sicherlich, die neuesten Kurseinbrüche dürften selbst aus dieser Perspektive besorgniserregend sein.

Und dennoch, selbst in der Finanzkrise hat sich der Vertrauensverlust nicht im Anlageverhalten der ausländischen Zentralbanken bei US-Schatzbriefen niedergeschlagen. Ganz im Gegenteil, der giftige Niederschlag der Finanzkrise führte zu einem regelrechten „run“ auf die Schatzbriefe. Das ist ein Zeichen dafür, dass sie in Krisenzeiten immer noch als sicherste Anlageform betrachtet werden. Ein Plus für den Dollar (siehe Graphik mit der Menge von Sicherheiten, die von ausländischen Regierungen gehalten werden, Quelle: US Treasury).

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Hinzu kommen Länder wie China, die hohe Reserven an Papieren halten, die in Dollar denominiert sind. Diese haben kein Interesse an einem plötzlichen Kursverfall des Dollar. Tatsächlich hat sich China in einer „Dollar Trap“ verfangen: sobald die Zentralbank mit dem Verkauf von Dollar-Reserven beginnt, drückt sie durch das zusätzliche Angebot dessen Preis nach unten. Damit werden zwangsläufig die verbliebenen Dollar-Reserven komprimiert. Vor diesem Hintergrund interpretiert der US-Ökonom Paul Krugman die chinesische Forderung nach eine supra-souveränen Reservewährung als „a plea that someone rescue China from the consequences of its own investment mistakes”. Lakonisch kommentiert er: “That’s not going to happen”. Die chinesischen Bemühung um eine Diversifizierung des Zentralbank-Portfolios sowie die Maßnahmen der russischen Regierung gegen die vorangeschrittene Dollarisierung ihrer Wirtschaft zeigen Eindeutig das Misstrauen gegen den unstabilen Dollar. Fraglich ist, wieviel Handlungsspielraum den beiden Staaten gegeben ist, um dieser „Dollar Trap“ zu entgehen, jenes von der amerikanischen „structural power“ ausgeworfene Fangnetz.

Selbst nach dem wirtschaftlichen Niedergang der USA könnte sich der Dollar als internationale Währung halten. Für die internationale Tauschfunktion des Dollar könnte gelten was Krugman 1984 „circular causation“ taufte. Demnach entscheiden sich Marktakteure für den Dollar, weil alle es tun. Der Dollar bestätigt sich sozusagen selbst und mag dadurch eine Bedeutung erlangen, die mit der wirtschaftlichen Stärke nicht in Korrespondenz steht. Verhält es sich tatsächlich so, dann könnte der Dollar seine Machtstellung erhalten, weil er eben etabliert ist. Der britische Sterling blieb selbst nach dem Schwinden der britischen Vorherrschaft seit den 1870ern erstaunlicherweise bis 1945 Leitwährung, seit 1918 neben dem Dollar. Ähnliches könnte auch dem Dollar in Zukunft beschert werden.

Im Unterschied zu den 1970ern, als ein Absterben des Dollar schon einmal die Agenda beherrschte, sich dann aber doch fing, ist die Existenz eines ernstzunehmenden Konkurrenten: der Euro. Nicht vergessen werden aber darf, dass das Vertrauen in den Euro immer noch an den Erfolg der europäischen Integration und das Zusammenwachsen der europäischen Finanzmärkte gekoppelt ist. Der Aufsteigende Yuan dürfte gleichfalls auf einige Probleme treffen, bevor er seinen Ritt Richtung Leitwährung antritt. Da ist die Frage der innenpolitischen Stabilität. Da ist die Frage der staatlichen Finanzmarktregulierung. Denn freie, liquide Finanzmärkte werden in der westlichen Forschung der politischen Ökonomie als Rückgrat der Dollar-Dominanz verstanden.

Die Quintessenz ist: Chinas Yuan steigt auf, aber der Aufstieg ist eine Sache von Jahrzehnten. Ein multipolares Währungssystem ist auf mittlere Sicht vielleicht möglich, aber erst in längerer Frist wahrscheinlich. Den ersten Schritt hat die Volksrepublik nun schon gesetzt: die Umwerbung Unterstützern in Asien, die sich auf den Yuan einlassen wollen. Das ist eine unabdingbare Basis für die folgenden Schritte. Eine Frage bleibt, denn die Doktrin von der hegemonialen Stabilität erzählt den Mythos von der Zerbrechlichkeit multipolarer Ordnungen. Und doch ist ein Aufstieg des Yuan nur zu wünschen, der sich in die westliche Währungs-Hegemonie einreihen kann.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Der Aufstieg des Yuan

Die massiven Umwälzungen im Weltwährungssystem, die von der Finanzkrise des letzten Jahres nicht ausgelöst aber doch erheblich beschleunigt worden sind, zeigen erste institutionelle Folgeerscheinungen. Chinas Währung befindet sich auf dem sicheren Weg zur wichtigsten regionalen Währung zu werden, gewissermaßen als neues Vertrauensfundament für die ab ersten Januar 2010 beginnende Freihandelszone zwischen China und den Asean-Staaten (China-ASEAN Free Trade Area, CAFTA). Die amerikanische Regierung wird sich ihrer Ohnmacht , oder besser dem rapiden Schwinden ihrer strukturellen Machtposition, langsam bewusst.

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Seit 2002 verliert der Greenback gegenüber allen wichtigen Währungen an Wert. Zwar halten die Zentralbanken zur Zeit weltweit noch rund 64% ihrer Einlagen in US-Dollar. Unter Umständen könnte es aber relativ abrupt und wesentlich früher als erwartet zur Ablösung des Dollars als globale Leitwährung kommen. Bereits im März 2009 forderte Zhou Xiaochuan, der damalige Zentralbankchef, den Dollar abzulösen. Staatliche Anleger, vor allem in Ostasien, scheinen damit begonnen zu haben ihre Geldanlagen umzuschichten. Im dritten Quartal diesen Jahres haben die Zentralbanken laut Bloomberg ihre Währungsreserven um 413 Milliarden Dollar auf 7,3 Billionen Dollar aufgestockt, 63% davon in Yen und Euro.

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Ende 2007 kam es zu einem massiven Einbruch der internationalen Nachfrage nach amerikanischen Wertpapieren, während die Nachfrage nach US-Schatzbriefen tendenziell weiter leciht ansteigt. Ökonomen und Politiker stellen die internationale Rolle es Dollar als Leitwährung grundsätzlich in Frage. Zukünftig wollen aber Russland, Brasilien und China Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) kaufen. China machte den Anfang im September 2009 und erwarb derartige IWF-Papiere im Wert von 50 Mrd. US-Dollar - ein Novum in der Geschichte der Finanzinstitution. Chinas Staatsfond CIC investierte außerdem weltweit rund 90 Mrd. Dollar in Aktien, Rohstoffgewinnung, Energieerzeugung und Immobilien. Obwohl Peking im April 2009 seine amerikanischen Staatsanleihen kurzeitig um 4,4 Mrd. auf 763,5 Mrd. US-Dollar verringerte ist der Löwananteil der chinesischen Währungsreserven in Gesamthöhe von 2,273 Billionen US-Dollar weiterhin in US-Staatsanleihen angelegt. Gemessen in absoluten Zahlen kam es seither sogar noch zu einer Erhöhung der Dollarreserven. Allerdings kündigte die People's Bank of China an Währungsreserven künftig verstärkt in Yen und Euro umzuschichten.

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Eine rasche Abwertung des Dollars bleibt somit zwar ausgeschlossen, doch Chinas Einfluss auf die zukünftige Rolle des Dollars wächst von Tag zu Tag. Ob der globale Trend wonach sich der Anteil der in Dollar angelegten Währungsreserven langsam aber stetig verringert, anhält oder beschleunigt wird hängt entscheidend von Investitionsentscheidungen aus dem Reich der Mitte ab. Die Kampfansage den Greenback als wichtigste Reservewährung abzulösen signalisiert Pekings neues Selbstbewusstsein, darf aber nicht die gegenseitige finanzpolitische Abhängigkeit zwischen Washington und Peking vergessen machen. Letzteres befindet sich in dem Dillemma, dass man sich möglicherweise mit dem Weißen Haus über die schrittweise Substitution des Dollars als wichtigste Reservewährung geeinigt haben mag, der Yuan aber keineswegs automatisch zur neuen Weltwährung mutieren kann, weil seine Funktionen als Reserve-, Verrechnungs- und Handelswährung schwach oder gar nicht ausgebildet sind.

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Wie die neue Weltfinanzarchitektur konkret aussehen wird ist völlig offen und könnte es auch für einige Jahre noch bleiben. Halten die bisherigen Trends an wird zunächst eine Währungsregionalisierung stattfinden - mit vier wesentlichen Zentren: der arabische Raum mit einer neuen pan-arabischen Währung (etwa des Khaleeji, der geplanten Gemeinschaftswährung der Mitglieder des Golfkooperationsrates), den Amerikas mit dem US-Dollar (vor wenigen Tagen haben die linken Regierungen Südamerikas den Sucres als Konkurrenz zum Dollar einzuführen), Europa und dem Mittelmeerraum mit dem Euro sowie Ost- und Südostasien mit dem Yuan als Kernwährung.

Es ist absehbar, dass der Chinas Währung (auch als Renminbi bezeichnet) in der ostasiatischen Region zur Ankerwährung werden wird (siehe hierzu Shirono 2009). Die größte Hürde hierbei besteht in der Konkurrenz zwischen Japan und China um die regionale Führerschaft. Während die neue japanische Regierung sich vom amerikanischen Gängelband zu lösen und zu deutlichen Zugeständnissen bereit zu sein scheint, schlussfolgert Shirono aus wirtschaftlicher Sicht für die Zukunft einer gemeinsamen Währung in Ostasien:

"While Japanese economy has stagnated for a long time, East Asian economies, particularly China, have achieved high growth performance. At the same time, East Asia has become less
dependent on Japan in terms of trade while regional trade among East Asian economies and
the trade share of China have increased substantially.
These changes have important implications for the prospect of forming a currency union
among East Asian economies. Consistent with what is observed in the trade data, the analysis of this paper suggests that China, rather than Japan, may play a more important role in common currency arrangements in East Asia if they are to form a currency union in the future."


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(Quelle Gaulier et al. 2005)

Der Yuan bleibt zwar vorerst noch unkonvertibel, d.h. die chinesische Regierung stabilisiert seinen Wechselkurs mittels Devisenmarktinterventionen und - mit leichten die US Inflation ausgleichenden Abweichungen - an den Dollarkurs gebunden. Er ersetzt jedoch sowohl durch sog. currency-swaps mit Chinas Nachbarländern als auch wegen seiner neuen Funktion als Abwicklungswährung für Handel und Finanztransaktionen in der Region zunehmend die amerikanische Währung. Auch wenn das Volumen der erfolgten Swaps im Umfang von ca. 100 Mrd. US-Dollar noch vergleichsweise gering ausfällt, besteht ein starker Trend, der im wesentlichen mit Chinas ungebrochener Importnachfrage nach Rohstoffen und Produkten zusammenhängt, die neuerdings in Yuan abgewickelt werden können. Swaps sind auch mit Russland, Brasilien und Argentinien durch geführt worden, was eine erste Stufe zur weltweiten Zirkulation der chinesischen Währung darstellt. China vergibt zugleich an der Hongkonger Börse zu erstem Mal auf Renminbi lautende Bonds in Höhe von 6 Mrd. US-Dollar.

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Die politische Aufwertung des Yuan entspricht Chinas Rolle als wirtschaftliches Gravitationszentrum, das fast unbeeinträchtigt von den Auswirkungen der globalen Finanzkrise blüht und satte Handelsbilanzdefizite mit allen Nachbarländern vorweist. Ob China jedoch wirklich zu einem eigenständigen Wachstumsmotor in der Region geworden ist bleibt umstritten. In Übereinstimmung mit früheren Analysen sieht das Asian Development Outlook 2009 Update Chinas Rolle als Importnation nach wie vor gebunden an chinesische Exporte in Drittmärkte. Damit sind die "chinesischen" Wachstumsimpulse letztlich noch immer abhängig von Nachfrageschwankungen in Europa und Asien. Es ist zu früh um zu sehen, ob dieses Muster durch die Finanzkrise und die chinesischen Konjunkturpakete nachhaltig gebrochen ist.

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Der offensichtlichste Wandel findet momentan auf diplomatischer Ebene statt, wo neue Formationen meist unter Ausschluss der USA geschmiedet werden während China ins Zentrum rückt. Dazu zählen die immer engere finanzpolitische Zusammenarbeit der Shanghai Cooperation Organization, aber auch die sog. BRIC-Staaten (Russland, Brasilien, Indien, China), die sich zum ersten Mal zu einem offiziellen Treffen in Jekatarinenburg zusammen fanden. Währenddessen sprechen Presseberichte von geheimen Absprachen zwischen letzteren und den Ölförderstaaten am Golf, die mit dem Ziel erfolgten mögliche Alternativen zum US-Dollar als Transaktionswährung zu diskutieren. Auf dem jüngsten Asean-Gipfel in Thailand, wo verschiedene Ordnungsmodelle einer "East Asian Community" konkurrierten (siehe z.B. Jians Diskussion), war selbst für Japan, den wichtgsten Verbündeten der USA in der asien-pazifschen Region, "unklar" wie Washington genau in eine solche Gemeinsachft eingebunden werden sollte.

Auch die offizielle Ersetzung der G7 / G8 durch das Forum der G 20 ist mit einem signifikanten Einflussverlust der USA (aber auch Europas) gleichbedeutend. Hinsichtlich der Stimmerverteilung und Kontrolle über Weltbank und Internationalem Währungsfond forderte Xie Xuren, Chef der chinesischen Zentralbank, eine Umverteilung zu Ungunsten der USA (und anderer Industrieländer) vorzunehmen:

"The G20 Summit in Pittsburg explicitly put forward that developing countries’ voting
power and quota in the two institutions should be increased respectively by least 3% and
5%. We call on all parties to work even more closely together and take actions to push for
substantive progress in reform of the two institutions.
We emphasize that in the second phase of this reform, the World Bank’s shareholding
realignment must reflect the evolving weight of all members in the world economy (...)"


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Wie wird diese Umverteilung aussehen? Gemäß den historischen Trends in Produktion und Handel bedeutet dies vor allem, dass Entscheidungsbefugnisse nach Asien und China inbesondere verlagert werden.

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Michael Klare vermutet, dass sich die Vereinigten Staaten bereits heute in jener multipolaren Konstellation befinden, die die CIA erst für 2025 vorhergesagt hatte. Unbestreitbar ist jedenfalls, dass Washington nicht mehr in der Lage ist, unterschiedliche globale und regionale ordnungspolitische Prozesse anzustoßen oder gar zu bestimmen. John Ikenberrys Sicht wonach die USA kein Empire, sondern eingebunden in eine "political order built on bargains, diffuse reciprocity, and an array of intergovernmental institutions and ad hoc working relationships" seinen, bleibt valide. Seine Annahme jedoch, die USA seien "caught in a struggle between liberal rule and imperial rule", hat sich als irrtümlich erwiesen. Im Weltfinanzwesen wurde die amerikanische Herrschaftsoption weitgehend pulverisiert, weil kein Vertrauensvorschuss mehr in die Stabilität und Verlässlichkeit des Dollars existiert. Ohne diese strukturelle Macht sind das Weiße Haus, das US-Finanzministerium und die FED mehr oder minder gezwungen die neue Weltfinanzarchitektur lediglich als Akteure unter vielen anderen mit zu gestalten.



UPDATE:
Chinas Banker und Politiker planen die Währungsreserven des Landes durch weitere massive Goldeinkäufe abzusichern.

Freitag, 9. Oktober 2009

Learning from Wells? Afghanistan and Xinjiang

In a recent China Daily article a deputy secretary-general of the China Council for National Security Policy Studies, has argued that U.S. military forces in Afghanistan should be substituted by a international peace mission as soon as possible. InAsiatimes, M K Bhadrakumar pointed out that this was the first time a official Chinese source called for a withdrawal of NATO and US forces.

According to China Daily

"The United States should first put an end to the war. The anti-terror war, which the former US administration of George W Bush launched in 2001, has turned out to be the source of ceaseless turbulence and violence in the past years. To promote much-needed reconciliation among the parties concerned, the US should end its military action. The war has neither brought the Islamic nation peace and security as the Bush administration originally promised".

The article seems also to endorse a negotiation with war lords as well as Taliban leaders, thereby, accepting them as legitimate players in Afghanistan.

The judgement that current US strategy came to a cul-de-sac broadly overlaps with US American commentator Engelhardt's reference to H G Wells' "The War of the Worlds". Engelhardt wonders why, only after 8 years of war, a few people finally realize that many Afghans perceive US troops as alien invaders. He concludes that the withdrawal of US military forces is the only way forward:

"What if - and this is an un-American thought - there is no American solution to Afghanistan? What if no alternative, or combination of alternatives, will work? What if the only thing Martians can effectively do is destroy - or leave?".

Like the US in Afghanistan the Chinese government could definitely draw some crucial lessons for its own "project" in Xinjiang. Many Uighurs at least are seeing the Chinese without doubt as kind of Martians too, and even though Al Qaeda appears not to be very successful in western China, a Chinese "solution to Xinjiang" might become more and more difficult, not to mention possible retaliations outside China.

Samstag, 29. August 2009

China's arc of instability

China now has its own "arc of instability". After bloody uprisings in Tibet and Xinjiang, renewed insurgency in Afghanistan and a threatening destabilization of its ally Pakistan, Chinese experts see a "very high risk of a return to widespread armed conflict along the China-Myanmar border" that causes additional problems for the central government as well as testing its humanitarian stance.

Yesterday, Foreign Ministry spokesperson Jiang Yu urged Myanmar to maintain stability in its border-region along Yunnan province after clashes between the military regime and local self-governing authorities provoked about 10.000 to 30.000 refugees (other sources speak of up to 50.000, mainly from the ethnic Chinese group of Kokang, flooding into China. Employing an unusual direct language, Xinhua wrote that "China hoped Myanmar could properly solve its domestic issue to safeguard the regional stability". The NYT reported that the fighting, making thousands fleeing over the Chinese border, already began in early august. Possibly, the intensifying military operation against the Kokang army (and other autonomous ethnic groups) that expanded into Chinese territory killing a civilian results from a strategic shift by the Myanmar's ruling generals and unfolds against the communist parties warning not to disturb the National celebrations on Oct. 1 (for more on the background see here and here). Whereas the USA government is deepening its communication with myanmar's junta, Chinese government seems to loose leverage on its neighbor's regional policies.

Refugee camp in Nansan, Yunnan Province, BBC.
Refugee camp in Nansan, Yunnan Province, BBC.

According to Xinhua, "Yunnan is helping them settle down in seven settlements with supply of life necessities, medical care and disease control measures as humanitarian assistance". Building a refugee camp, for the first time, China has to handle a huge refugee crisis (if we don't count the continuous stream of refugees from North Korea for a moment) within its own borders. While currently available information show how much the country's policies seem to be rendered by "international standards", we don't know the exact situation, neither in the almost inaccessible northern parts of Myanmar nor in Yunnan's vast border-areas. Thus, it is still to early to make some broader judgements. Yet, in any case, the initial official reactions of Chinese authorities display a remarkable concern for citizens involved, both Chinese and Non-Chinese. How China deals with the masses of refugees also sheds light on its possible future treatment of contingencies like a sudden breakdown of its other despotic neighbor North Korea.

Also, this event reveals that Chinese foreign policy is no longer based on the traditional formula of "non-interference" - a shift that is in the making at least since 2008, when China, under heavy pressure by NGOs and US-American movie stars, openly intervened in Sudanese politics. Even if Beijing will not openly join the interventionist tendencies by invoking the "responsibility to protect" any time soon, it remains no longer unthinkable that the Liberation Army may take part or even lead a UN peace operation in northern Myanmar. In the case of such a military operation, given that Myanmar's government will not solve the problem of military independent groups along the border areas "once and for all", as some commentators speculate, China would not cooperate on a governmental level as with Central Asian states through the well-established multilateral framework of the Shanghai Cooperation Organization. The rational, then, would rather be based on the idea of a fragile state to be rebuilt. In this sense, China's emerging arch of instability could work as a catalyst for her full-fledged inclusion into international nation-building missions. Beijing's own "unfinished" nation-building projects in Tibet and Xinjiang, however, are at crossroads leading the government into the quagmire of multiple, mutual reinforcing conflicts along this (south) western peripheries.

International Crisis Group provides a brand new report about "Chinas Myanmar Dilemma".

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